Häufige Fragen von Angehörigen Alkoholkranker
Mein Partner möchte aufhören zu trinken. Kann ich ihm helfen?
Nur, wenn er es von sich aus will. Gemeinsame Arztbesuche, Kontakt zu Beratungsstellen können helfen. Er muss aber selbst zur Überzeugung gelangen, dass er eine Entgiftung oder Therapie machen muss. Der Partner sollte wissen, dass ich mir als Angehörige auch Hilfe und Beratung suche.
Zuletzt aktualisiert am 09.09.2019 von karsten euting.
Mein Partner trinkt zu viel Alkohol. Soll ich gehen oder bleiben?
Diese Frage kannst du dir nur selbst beantworten. Du musst für dich einen Weg finden, der dir eine Zukunftsperspektive aufzeigt. Auch wegzugehen kann eine Hilfe für deinen kranken Partner sein. Er muss begreifen, dass er sein Leben wieder selbst in die Hand nehmen muss. Wichtig ist, dass er merkt, dass er ohne professionelle Hilfe nicht mehr aus dem Teufelskreis der Sucht herauskommt. Nur dann hat eure Beziehung noch eine Zukunft.
Zuletzt aktualisiert am 09.09.2019 von karsten euting.
Welche Hilfen können Angehörige in Anspruch nehmen?
Angehörige von Suchtkranken Menschen haben oft das Problem einer Überbelastung und kommen an ihre Grenzen. Durch die Verantwortung für Kinder, Familie, Beruf und finanzielle Sicherheit kommen die eignen Bedürfnisse zu kurz. In den Gesprächsgruppen des Deutschen Frauenbunds für alkoholfreie Kultur werden diese Probleme offen angesprochen. Frauen werden ermuntert, erst einmal was für sich selbst zu tun. Dieses Angebot finden Angehörige von Suchtkranken auch bei anderen Suchtverbänden, bei Sucht- und Drogenberatungsstellen von Kommunen oder Caritas und Diakonie.
Zuletzt aktualisiert am 09.09.2019 von karsten euting.
Was ist Co-Abhängigkeit?
Co-Abhängigkeit nennt man heute „Suchtunterstützendes Verhalten“. Damit ist gemeint, dass Angehörige häufig unbewusst das Verhalten des Suchtkranken unterstützen oder entschuldigen z. B. in dem sie ihn beim Arbeitgeber als krank entschuldigen, obwohl er betrunken zu Hause ist oder indem sie Gründe für sein Trinkverhalten bei sich selbst suchen („Was habe ich bloß falsch gemacht, dass er…“).
Angehörige von Suchtkranken leiden selbst oft stark unter der Sucht des geliebten Menschen. Dabei sind vor allem Lebenspartner und Kinder betroffen. Das Leben wird durch die Sucht des Partners oder Elternteils stark eingeschränkt. Sorge ist ständiger Begleiter vieler Angehöriger. Besonders die Gesundheit des Suchtkranken macht vielen Betroffenen zu schaffen, hinzu kommen Existenzängste, da der Kranke durch seine Sucht die Arbeitsstelle verlieren könnte, was mit finanziellen Schwierigkeiten einhergehen würde. Die Angehörigen fühlen sich mit ihren Problemen alleingelassen, da die Unterstützung durch den suchtkranken Partner oder das Elternteil fehlt. Manchmal spielt auch Gewalt eine Rolle.
Zuletzt aktualisiert am 02.03.2020 von karsten euting.
Mein Mann trinkt und neigt zu Gewalt.
Überlege, ob du auch in Zukunft immer wieder vor diesem ernsten Problem stehen willst. Du hast ein Recht auf angstfreies Leben. Das Kindeswohl steht über allem.
Es gilt: Wer schlägt, der geht.
Wende dich an die Polizei. Du erhältst jede Unterstützung, von einer Wohnungsverweisung des Täters bis zur einer Gewaltschutzverfügung, die deinen/euren Freiraum sichern soll.
Suche Hilfe bei einer Frauenberatungsstelle in deiner Nähe.
Wir bieten Suchtselbsthilfegruppen für betroffene und angehörige Frauen in geschützten Räumen an. Hier kannst du mit anderen Frauen auch über deine Probleme reden.
Zuletzt aktualisiert am 03.11.2019 von karsten euting.
Welches Verhalten unterstützt die Sucht des Suchtkranken?
Häufig versuchen Betroffene ihr Trinkverhalten und die damit zusammenhängenden Folgen herunterzuspielen. Sie leugnen und vertuschen das Problem. Angehörige versuchen häufig, die Auswirkungen des Suchtverhaltens zu kompensieren; sie beschützen den süchtigen Menschen, indem sie ihn zum Beispiel beim Arbeitgeber krankmelden oder Gründe / Erklärungen für sein Trinkverhalten suchen. Andere Angehörige finanzieren das Suchtverhalten sogar, um einem Streit aus dem Wege zu gehen. Mit diesem vermeintlich helfenden Verhalten wird jedoch die Sucht des Betroffenen eher gefördert und in der Krankheitsverlauf verlängert. Bei dem suchtkranken Menschen entsteht so kein ausreichend großer Leidensdruck, denn er wird ja in Schutz genommen und fühlt sich in seinem Verhalten noch bestärkt.
Zuletzt aktualisiert am 03.11.2019 von karsten euting.
Welche Auswirkungen kann das suchtunterstützende Handeln auf die Angehörigen selbst haben?
Mit der Zeit dreht sich das Leben der Angehörigen nur noch um den Suchtkranken. Eigene Bedürfnisse werden zurück gestellt, um voll und ganz die häusliche Situation zu regeln, damit das Leiden nicht noch schlimmer wird. Häufig wird somit die Sucht und der Suchtkranke zum Lebensmittelpunkt der Angehörigen – sie vergessen sich selbst und vernachlässigen ihr eigenes Leben. Erst wenn Angehörige – mühsam - erkennen, dass sie dem Suchtkranken so nicht wirklich helfen, kann der Prozess des Loslassens beginnen - am besten mit professioneller Unterstützung -, um sich aus der verstrickten Beziehung und Situation zu lösen.
Zuletzt aktualisiert am 03.11.2019 von karsten euting.
Woran merke ich, dass ich mit der häuslichen Situation überfordet bin?
Die Hilflosigkeit und Ohnmacht der Angehörigen von Suchtkranken kann man als wechselnden Verlauf in oder zwischen drei Phasen beschreiben:
- Die Beschützer- oder Entschuldigungsphase
- Die Kontrollphase
- Die Anklagephase
Zu 1. Beschützer- oder Entschuldigungspahse
Angehörige meinen zu wissen, was ihm/ihr fehlt und möchten ihn / sie durch ihre Liebe und Fürsorglichkeit ‚heilen’:
- „Er hat zur Zeit einen schwierige Phase!“ oder „Seine Freunde haben ihn ständig gedrängt mit zu machen, da kann man sich ja nicht ausschließen...“ oder
- „Ich habe Entschuldigungen und Erklärungen erfunden, um z.B. soziale Kontakte des Betroffenen während einer Konsumphase zu verhindern“
- „Ich beschützte den Betroffenen vor einer Situation, die ihn gezwungen hätte, sich der Realität zu stellen.“....
Die Betroffenen verteidigen den Suchtkranken und bringen ihm extrem viel Mitgefühl entgegen. Die Hoffnung ist groß, dass sich der Suchtkranke aus eigener Kraft aus seiner Sucht befreien kann.
Zu 2. Kontrollphase
Angehörige können sich ihre Ohnmacht gegenüber dem Verhalten des Betroffenen nicht eingestehen. Noch hoffen sie:
- „Wenn ich mir nur genug Mühe gebe, werde ich die Situation in den Griff bekommen.“
- „Ich kaufte Dinge für den Betroffenen, damit er sich vom Drogenkonsum ablenken sollte“
- „Ich blieb zu Hause anstatt zur Arbeit zu gehen, um mich der Probleme anzunehmen, die mit dem Alkohol- oder Drogenkonsum zusammenhingen ...“
Damit das Suchtverhalten Außenstehenden nicht auffällt, übernehmen die Angehörigen oft Aufgaben, die der Süchtige nicht mehr erfüllen kann. Sie merken, dass der Suchtkranke sich nicht mehr selbst helfen kann und verstecken die Suchtmittel, um ihn vor weiterem Konsum zu bewahren.
Zu 3. Anklagephase
Der Betroffene wird zum Sündenbock:
- „Du bist an allem schuld, was schief läuft! Wenn Du nicht diese Drogen nehmen würdest, dann könnte das Leben wirklich schön sein…“
- „Wenn Du nicht so leben würdest, könnte ich eine gute Beziehung zu Deinem Vater haben“
- „Wir haben nur noch Streit miteinander, weil Du ständig betrunken bist...“
- und dem /der Betroffenen wird insgesamt Schuld an dem schlechten Befinden des Partners / der Partner oder den Eltern zugeschrieben.
Außer Vorwürfen und Klagen bekommt der Süchtige nicht mehr viel anderes zu hören. Das Karussell dreht sich weiter, es wird immer enger.
In dieser Phase schlägt die Stimmung um und es kommt zu negativen Reaktionen auf di#as Suchtverhalten. Der oder die Angehörige gibt dem Suchtkranken die Schuld an der Misere. In dieser Phase sucht der Abhängige oft endlich Hilfe bei Außenstehenden, da er sich seiner Hilflosigkeit bewusst wird.
Zuletzt aktualisiert am 01.03.2020 von karsten euting.
Wann sollte ich Hilfe suchen?
Wenn du dich momentan in einer schwierigen Situation befindest oder einen Suchtkranken in deinem näheren Umfeld hast, hast Du vielleicht Sorge, dass Dein Verhalten und deine Hilfebemühungen eher eine unbewusste ‚Verschlimmerung' darstellen – also ein ‚suchtunterstützendes‘ Verhalten sein könnte. Mit den folgenden Fragen kannst du prüfen, ob du diesbezüglich gefährdet bist.
Du findest hier mehrere Aussagen aus einer Broschüre Frau – Sucht – Gesundheit für Angehörige der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen https://www.dhs.de/fileadmin/user_upload/pdf/Broschueren/FSG_Angehoerige.pdf
Beantworte folgende Aussagen mit Ja oder Nein:
- Du übernimmst Aufgaben, die eigentlich in der Verantwortung deines Partners/Elternteils/Kollegen liegen?
- Du wirst von anderen für deine übermäßige Hilfsbereitschaft gelobt.
- Du fühlst dich zum Schutz deines Partners/Elternteils/Kollegen zum Lügen gezwungen.
- Deine Gefühlslage hängt stark von der Stimmung deines Partners/Elternteils/Kollegen ab.
- Die Belastung macht sich bei dir mittlerweile in körperlichen Symptomen bemerkbar.
- Du drohst deinem Partner/Elternteil/Kollegen mit Konsequenzen, die du jedoch selten in die Tat umsetzt.
- Manchmal wünschst du dir, dein Partner/Elternteil/Kollege möge aus deinem Leben verschwinden.
- Du fühlst dich angesichts der Lage völlig hilflos und bist kurz vorm Aufgeben.
- Du glaubst, dass dein Partner/Elternteil/Kollege ohne deine Hilfe völlig abdriften würde.
- Du gibst dein Sozialleben auf, um voll und ganz für deinen Partner/Elternteil/Kollegen da zu sein.
- Du hast das Vertrauen in deinen Partner/Elternteil/Kollegen verloren und manchmal sogar Angst vor ihm.
- Du fühlst dich für die Situation verantwortlich und suchst die Schuld bei dir.
Bejahst du die meisten Aussagen, solltest du achtsam sein und dich evtl. bei einer Suchberatungsstelle oder Selbsthilfegruppe informieren. Verneinst du den überwiegenden Teil der Aussagen, musst du zur Zeit nicht davon ausgehen, dass du zu suchtunterstützendem Verhalten neigst.
Zuletzt aktualisiert am 01.03.2020 von karsten euting.
Was tue ich bei einem Rückfall als Angehörige?
Im günstigsten Fall bin ich auf die Situation vorbereitet!
Keine Konfrontation im alkoholisierten Zustand des Angehörigen:
Vermeide suchtunterstützendes Verhalten:
- Wenn keine medizinische Notwendigkeit besteht, leiste keine Unterstützung in der Situation.
- Vermeide offensichtliches Mitleid.
- Lass dich in nicht in Diskussionen verwickeln, solange der Betroffenen nicht nüchtern ist.
Alternativen für ein Verhalten bei wieder eingetretener Nüchternheit:
- Den Rückfall nicht stillschweigend hinnehmen.
- Offenheit zum Anlass des Rückfalls einfordern.
- Bilanzieren der Lebensqualität in der bisherigen Abstinenz im Vergleich zu einem möglichen fortgesetzten Alkoholmissbrauch.
- Deutlich machen, dass ein Rückfall passieren kann, aber kein „Freifahrtschein“ sein darf.
- Konsequenzen aufzeigen, z.B. dass der Rückfall nicht verheimlicht wird, eine mögliche Trennung die Folge sein kann etc.
- Vereinbarungen treffen / erneuern zum Einholen von Hilfen durch den Betroffenen selbst.
- Für sich selbst Hilfe einholen, z.B. in einer Selbsthilfegruppe, beim Hausarzt.
Jede Situation ist anders. Suchtkranke sind geschickt bei der Erklärung von Gründen, die zum Trinken führen könnten – darum: Konsequent bleiben.
Zuletzt aktualisiert am 02.12.2019 von karsten euting.