Margarete (65): „Nur noch reduziert auf den nächsten Schluck“
Ich wollte aus der Alkoholabhängigkeit raus, fühlte mich einfach nur noch schlecht. Ich war nicht mehr ich selbst, nur noch reduziert auf den nächsten Schluck. Nach dem zweiten Anlauf hatte ich es geschafft: endlich kein Alkohol mehr.
Das erste Mal habe ich zu Hause allein einen Entzug versucht – laut Aussage meines Mannes alles nur eine Willenssache, ich war wohl doch nicht willensstark genug. Der Kopf sagte: Ich will nicht mehr! Die Hand hatte die Flasche schon wieder am Hals.
Beim zweiten Anlauf mit Hilfe der betrieblichen Suchtkrankenhilfe und meiner Selbsthilfegruppe war mein Wille, alkoholfrei zu leben, stark. Ich hatte hilfreiche und unterstützende Gespräche mit den Gruppenleitern und Mitgliedern. Ich merkte, ich bin nicht allein, es gibt Menschen, die mich unterstützen und verstehen.
Diese Unterstützung und Hilfe hoffte ich auch bei meinem Mann zu finden. Ich wünschte mir zu Hause eine alkoholfreie Zone. Aber das einzige, was ich zu hören bekam, wenn ich zu den Treffen meiner Selbsthilfegruppen gehen wollte, war: „Ach, heute ist ja wieder Treffen mit deinem Saufverein.“ Oder bei Einladungen zu gemeinschaftlichen Unternehmungen: „Mit deinen Bahnhofsvorplatz-Pennern will ich nichts zu tun haben.“
„Will ich das weiter hinnehmen ...?“
Sieben Jahre lang habe ich versucht, ihn an meine Seite zu bekommen, um als Paar gemeinsam etwas gegen die Sucht zu tun. Irgendwann aber waren diese verbalen Verletzungen genug, und ich musste mich entscheiden: Will ich das weiter hinnehmen und irgendwann entweder mit Mundwinkeln bis zum Kinn oder aber wieder mit der Flasche in der Hand enden? Oder will ich selbstbestimmt mein Leben führen, kein schlechtes Gewissen mehr eingeredet bekommen und stolz sein auf das, was ich geschafft habe?
In dieser Zeit waren Selbsthilfegruppen für mich eine große Hilfe. Ich konnte mit Menschen reden, die mich verstanden, die mir Tipps und Anregungen gaben und mir halfen, eine Entscheidung für mein weiteres Leben zu treffen. Ich wählte die Scheidung und habe es nicht einen Tag lang bereut.
Heute bin ich sehr glücklich mit einem neuen Partner, der von meiner Suchterkrankung weiß und mich in jeder Hinsicht unterstützt. Aber eins weiß ich genau: Auch jetzt sind Selbsthilfegruppen immer noch ein wichtiger Bestandteil meines Lebens. Hier bin ich von Menschen umgeben, die mich kennen und mir helfen, wenn ich ein Problem haben sollte. Und genauso kann ich Menschen helfen, die Unterstützung auf ihrem Weg brauchen.